HIH News

„Tag gegen den Schlaganfall“ am 10. Mai 2024

Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Treten erste Symptome auf wie zum Beispiel eine plötzliche einseitige Lähmung, Taubheitsgefühle, Sprach- oder Sehstörungen, zählt jede Minute, um bleibende Hirnschäden zu verhindern. Ein Wettlauf gegen die Zeit, den auch Prof. Dr. Sven Poli, Leiter der Forschungsgruppe „Stroke und Neuroprotektion“ in der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen am HIH und stellvertretender Ärztlicher Direktor am Uniklinikum Tübingen, mit Hilfe von neuen Therapien gewinnen will.

Wie die optimale Therapie nach Schlaganfällen mit ungeklärter Emboliequelle aussieht, ist noch immer unklar. Wichtigstes Ziel der Therapie ist es, Folgeschlaganfälle zu verhindern. Leitlinien empfehlen in der Nachbehandlung weiterhin Acetylsalicylsäure (ASS). An deutschen Stroke Units wurde in einer Studie das direkte orale Antikoagulans (DOAC) Apixaban gegenüber ASS an Betroffenen mit zusätzlichen Risikofaktoren für kardiale Thromboembolien getestet. Das DOAC war im Hinblick auf die Wirksamkeit nicht überlegen, dennoch könnte eine bestimmte Risikogruppe von der Therapie profitieren.

Anfang des Jahres wurden die Ergebnisse der neurologisch-kardiologischen ATTICUS-Studie („Apixaban for the treatment of embolic stroke of undetermined source“) von den Studienleitern Prof. Tobias Geisler (Erstautor) und Prof. Poli (Letztautor) publiziert, die erstmals Apixaban und ASS in einer ESUS-Population (ESUS = „embolic stroke of undetermined source”, also Schlaganfall mit ungeklärter Emboliequelle), verglich, die noch zusätzliche Risikofaktoren für kardiale Thromboembolien aufwies. Apixaban zeigte gegenüber ASS jedoch keine Überlegenheit bei Schlaganfällen mit ungeklärter Emboliequelle.

Die Studie brachte, so Prof. Poli, trotzdem wichtige Erkenntnisse über den Zusammenhang von Risikofaktoren und dem Auftreten von Vorhofflimmern bei Patientinnen und Patienten mit ESUS. „Wir haben gesehen, dass bei älteren Betroffenen die Vorhofflimmerrate über 40 % betrug. Bei den über 75-Jährigen mit atrialen Tachykardien lag sie sogar über 70 %. Daher liegt die Hypothese nahe, dass diese Patientengruppe von einer frühzeitigen Antikoagulation profitieren könnte.“ Die Studienleiter Prof. Poli und Prof. Geisler planen nun, diese Hypothese in einer größeren Studie (ATTICUS 75+), die auf klinische Endpunkte gepowert ist, zu überprüfen. Ein Antrag auf Förderung der ATTICUS 75+ Studie wurde im Januar beim Bundesministerium für Bildung und Forschung gestellt.

 

Prof. Dr. Sven Poli

Copyright: UKT Tübingen

 

Kontakt:

Prof. Dr. Sven Poli

Hertie-Zentrum für Neurologie

Hertie-Institut für klinische Hirnforschung

Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen

Hoppe-Seyler-Straße 3
72076 Tübingen