

Parkinson-Genetik: Analyse genetischer Faktoren bei erblichen und nicht-erblichen Formen der Parkinsonerkrankung
Das Parkinson Syndrom (PS) ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die große Mehrzahl der Patienten erkrankt ohne erkennbare Ursache. Bei einem kleinen Teil der Patienten (weniger als 5%) kann aber eine klare Erblichkeit festgestellt werden. Trotz ihrer Seltenheit hat die Identifikation und funktionelle Analyse der Gene, die zu diesen sog. „monogenen“ Formen der Erkrankung führen, ganz wesentlich zur Aufklärung der zellulären Mechanismen der Krankheitsentstehung beigetragen. Man nimmt an, dass bislang nur ein kleiner Teil der ursächlichen Gene gefunden wurde.
Die Ursachen der weitaus häufigeren nicht-erblichen Formen der Parkinson-Erkrankung sind jedoch weiterhin unbekannt. Auch für diese vermutlich heterogene Gruppe von Erkrankungen wird angenommen, dass genetische Faktoren eine nicht unerhebliche Rolle spielen, v.a. im Sinne einer Beeinflussung des Krankheitsrisikos, des Erkrankungsalters oder des Krankheitsverlaufs. Durch erste sogenannte „Genomweite Assoziationsuntersuchungen (GWAS)“ konnte die Arbeitsgruppe bereits zeigen, dass Varianten in mehreren Genen, die bei familiären Formen der Erkrankung bereits als krankheitsursächlich beschrieben wurden, auch das Risiko für die nicht-erblichen Krankheitsformen beeinflussen können.
Dystonie
Dystonie ist die dritthäufigste Bewegungsstörung, und Mutationen in einer wachsenden Anzahl von Genen wurden in vielen Fällen als Ursachen für erbliche Formen identifiziert. Das Ziel der Gruppe, die die klinische Erfahrung in der Diagnose und Behandlung der Dystonien mit Kompetenz in der Molekulargenetik zusammenführt, ist die Definition der Rolle der bekannten Gene in der Ätiologie der Dystonie, vor allem aber um neue Gene zu finden und damit neue Einblicke in die molekulare Pathogenese der Störung zu gewinnen. Die Patientenrekrutierung basiert auf der Abteilung für ambulante Klinik für Botulinumtoxinbehandlung unter der Leitung von Prof. Schöls, auf internationalen Kooperationen, aber auch auf die Arbeit von Dr. E.Lohmann, der derzeit an der Universität Istanbul arbeitet und von einer Margarete von Wrangell unterstützt wird -Stipendium. Da die Türkei ein Land mit einer hohen Blutsverwandtschaft ist, ist die Prävalenz von erblichen rezessiven Krankheiten stark erhöht. Aufbauend auf einer bestehenden Kohorte von Patienten mit Dystonie aus konservativen Familien in der Türkei, wird eine detaillierte Phänotypisierung und eine gründliche Aufarbeitung der Familien die Grundlage für zukünftige genetische Analysen bilden.
Parkinson-Genetik
Genetische Ursachen der sporadischen Parkinson-Krankheit
Die heute bekannten genetischen Varianten können nur einen kleinen Teil des gesamten Erkrankungsrisikos erklären. Um ein vollständigeres Bild des gesamten genetischen Risikoprofils zu erhalten und daraus auch neue Ansätze für Diagnose, Prävention oder Therapie ableiten zu können, müssen möglichst vollständige genetischen Datensätze von vielen Tausend Patienten untersucht werden. In großen internationalen Konsortien, wie etwa dem International Parkinson’s disease Genomics Consortium (IPDGC) führt die Forschungsgruppe solche Untersuchungen in Zusammenarbeit mit vielen Kollegen aus der ganzen Welt durch (Simon-Sanchez et. al., Nat Genet 2009; Nalls et al., Nat Genet 2014).
Ansprechpartner: Prof. Dr. T. Gasser, Prof. D. Berg
Leucine rich repeat kinase 2, LRRK2 (Park8)
2004 konnten die Arbeitsgruppe in zwei großen Familien mit erblicher Parkinson-Krankheit Mutationen im LRRK2-Gen (Leucine rich repeats kinase 2) als Ursache identifizieren (Zimprich et al., Neuron 2004). Dieser Entdeckung wurde von vielen anderen Arbeitsgruppen weltweit aufgegriffen und es stellte sich heraus, dass LRRK2-Mutationen die bislang häufigste Ursache für das autosomal-dominante Parkinson-Syndrom sind. Obwohl alle Erkrankten aus betroffenen Familien Mutationen im gleichen Gen haben, besteht sowohl hinsichtlich des klinischen Erscheinungsbildes als auch im neuropathologischen Befund eine bemerkenswerte Heterogenität. So reicht zum Beispiel das Spektrum gefundener Proteinaggregate von typischen Lewy-Körperchen oder tau-positiven Neurofibrillen bis zum vollständigen Fehlen beider Aggregatsformen. Die Aufklärung des molekularen Pathomechanismus der durch LRRK2-Mutationen bedingten Krankheitsentstehung könnte daher sowohl für Synukleinopathien (Lewy-Körperchen) als auch für Tauopathien (Neurofibrillen) von Bedeutung sein. Dies legt eine zentrale Rolle des Genprodukts in der Pathogenese verschiedener neurodegenerativer Erkrankungen mit Parkinson-Symptomatik nahe.
Ansprechpartner: Prof. Dr. T. Gasser
Courage-PD: COmprehensive Unbiased Risk factor Assessement for Genetics and Environment in Parkinson‘s Disease
Dieses im Rahmen des “Joint Programming for Neurodegenerative Diseases (JPND)” geförderten multi-nationalen Projekts werden genetische, epidemiologische und zellbiologische Ansätze zusammengeführt um zu einem besseren Verständnis der Entstehung der Parkinson-Krankheit beizutragen. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Zusammenwirken von genetischen und umweltbedingten Faktoren bei der Krankheitsentstehung. Risikofaktoren werden dann in Zellkulturmodellen, die auf der iPS-Technologie (induced pluripotent stem cells) beruhen, auf ihre funktionellen Auswirkungen hin untersucht.
Ansprechpartner: Prof. Dr. T. Gasser, Prof. Dr. R. Krüger, Dr. M. Sharma
Dystonie
Durch die Identifikation von ATP1A3 für Rapid-onset-Dystonie-Parkinsonismus und zum anderen von MR-1 für paroxysmale non-kinesiogene Dyskinesien ergaben sich im Jahr 2004 interessante neue Einblicke in Pathways des Gehirns, die an der Dystonie-Entstehung beteiligt sein können. Die bisher gesetzten thematischen Schwerpunkte der Charakterisierung der genetischen und molekularpathogenetischen Aspekte von Torsin A und Epsilon-Sarkoglykan wurden weitergeführt und intensiviert.
Myoklonus-Dystonie
Genetik und molekulare Pathogenese der Myoklonus-Dystonie
Myoclonus-Dystonie (M-D, DYT11) ist ein Dystonie-Plus Syndrom, bei dem die Patienten zusätzlich zu "blitzartigen" Myoklonien an fokalen oder segmentalen Dystonie leiden.
Unser bisheriges Mutations-Screening konnte bei über 80% der familiären Fälle heterozygote exonische Mutationen im Gen für Epsilon-Sarkoglykan (SGCE) nachweisen. Für die übrigen Familien wurde bisher genetische Heterogenität angenommen, wofür auch die Kartierung eines alternativen Genorts auf Chromosom 18 (DYT15) spricht (Grimes et al. 2002).
Die Ätiologie der sporadischen, in fast aller Regel SGCE-Mutations-negativen Fälle ist jedoch weiter ungenügend verstanden. Wir analysierten die Promotorsequenz von 40 sporadischen Patienten, die klinisch die Kriterien einer Myoclonus-Dystonie erfüllten. Es zeigte sich, dass die Promotor-Region hoch konserviert ist. Insgesamt konnten nur wenige SNP-Variationen gefunden werden. Im nächsten Schritt wird die Auswirkung dieser Polymorphismen auf das SGCE-Expressionsniveau durch Luciferase-Assays untersucht werden.
Keine Rolle spielt SGCE in der Pathogenese sporadischer Gilles de la Tourette-Fälle in einer Kohorte von 83 deutschen Indexpatienten. Es konnten exonische Mutationen ausgeschlossen werden. Für eine genetische Assoziation von GTS mit der 7q21-Region ergaben sich keine Hinweise. Die molekularbiologischen Arbeiten an der Generierung eines konditionalen Mausmodells für SGCE wurden fortgesetzt und hierzu weitere proteinchemische Phänotypisierungs-Experimente etabliert. Die Kooperation mit der Neurologischen Klinik der LMU, München (Prof. Dr. T. Brandt, Fr. Dr. A. Deutschländer) wurde mit Voxel-based Morphometrie-(VBM)-Untersuchungen fortgeführt. Interessanterweise finden sich mit diesem volumetrischen Verfahren ähnliche regions of interest wie bei den funktionellen Kernspinmessungen. Hierbei handelt sich um frontale kortikale aber auch subkortikale Strukturen unter Einbeziehung des Thalamus.

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Gesamtübersicht der Publikationen
Ausgewählte Publikationen
- Publikation 1
- Publikation 2
... hier erfolgt eine Auflistung von 10 ausgewählten Top-Publikationen aus beiden FG
Laufende Doktorarbeiten
Naturwissenschaftliche Doktorarbeiten
- Claudia Schulte
Untersuchung der genetischen Ursachen des Parkinsonsyndroms
Prof. Dr. T. Gasser - Julia Sekler
Expression von SNCA im Hinblick auf die molekulare Entstehung der Parkinson Krankheit
Prof. Dr. T. Gasser - David Schöndorf
Modeling Parkinson's Disease using genome editing in human induced pluripotent stem cells
Prof. Dr. T. Gasser
Medizinische Doktorarbeiten
- Norbert Silimon
Untersuchung des Einflusses von SNCA-Rep1 auf das Erkrankungsalter und klinische Parameter bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom
Prof. Dr. T. Gasser - Steffen Brenner
Genetische Untersuchungen zur α-Synuklein-Expression
Prof. Dr. T. Gasser
Abgeschlossene Doktorarbeiten
- Michela Deleidi
In vitro and in vivo modelling of Parkinson's disease using induced pluripotent stem cells
Prof. Dr. T. Gasser - Benjamin Schmid
Establishment and characterization of a human in vitro cell model for Parkinson’s disease
Prof. Dr. T. Gasser - Marta Garcia-Morales
Cellular phenotypes associated with LRRK2-mutations
Dr. Saskia Biskup - Rebecca Gottorf
Analyse der relativen Genexpression von LRRK2 und {alpha}-Synuclein in humanem Vollblut mittels quantitativer real time RT-PCR in einem heterogenen Probandenkollektiv aus Parkinsonpatienten, symptomatischen und symptomatischen LRRK2-Mutationsträgern und Kontrollen
Dr. Saskia Biskup, Dr. Martina Wölfle - Oliver Rothfuss
Funktionelle Charakterisierung des Parkin-Gens
Dr. Nadja Patenge - Manu Sharma
Genetic Epidemiology of Parkinson's Disease: approaches for Gene mapping
Prof. Dr. T. Gasser, Dr. B. Müller-Myhsok - Julia Fuchs
Genetic risk factors and their functional implications in Parkinson’s disesase
Prof. Dr. T. Gasser

Zentrum für Neurologie
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen
Otfried-Müller-Straße 25
72076 Tübingen
Tel.: +49 (0)7071 29-86529
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Isolde Marterer
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isolde.marterer@med.uni-tuebingen.de
Dr. Angelika Oehmig
Miriam Peleman
Petra Mech
Otfried-Müller-Straße 27
Phone: +49 (0)7071 29-87640